Art. 11 AEMR – Unschuldsvermutung

Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.

Niemand kann wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die im Zeitpunkt, da sie erfolgte, auf Grund des nationalen oder internationalen Rechts nicht strafbar war. Desgleichen kann keine schwerere Strafe verhängt werden als die, welche im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung anwendbar war.“

Die Unschuldsvermutung nach Art. 11 AEMR soll ein faires Verfahren sichern.

Damit gehen die folgenden wesentlichen Grundsätze einher: Jeder gilt so lange unschuldig, bis ein rechtskräftiges Urteil gefällt wird. Dafür soll ein öffentliches Verfahren sorgen, welches nicht nur im Interesse des Beschuldigten, sondern auch der Allgemeinheit liegt.[1] Das rechtmäßige Verfahren stärkt und sichert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Gerichte. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit von gerichtlichen Verfahren könnte dazu führen, dass z. B. Sachverhalte verschleiert und so Verletzungen versteckt werden würden.

Ebenso tragen die Grundsätze “keine Strafe ohne Gesetz” (lat.: nulla poena sine lege) und “keine Straftat ohne Gesetz” (lat.: nullum crimen sine lege) dem Menschenrecht Rechnung[2]. Dazu gehört auch, dass trotz neuer Gesetzeslage rückwirkend keine strengere Strafe verhängt werden darf. Es gelten die strafrechtlichen Vorschriften, die im Zeitpunkt der Tat galten. Fest verankert ist das Rückwirkungsverbot (lat.: nulla poena sine lege praevia) in Art. 103 II GG[3].

Einzige Ausnahme bildet hier das Günstigkeitsprinzip nach § 2 III StGB[4], welches zu keiner nachteiligen Rechtsstellung des Beschuldigten führen würde.

 

Schulbeispiel, bei dem der Rechtsstaat an seine Grenzen kam: Mauerschützenfälle[5]

[1]https://www.humanrights.ch/de/ipf/grundlagen/rechtsquellen-instrumente/aemr/artikel-11-aemr-strafe-gesetz

[2] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/recht-a-z/323788/nulla-poena-sine-lege-scriptum/

[3] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1996/10/rs19961024_2bvr185194.html#:~:text=Das%20strikte%20R%C3%BCckwirkungsverbot%20des%20Art,gebundenen%20demokratischen%20Gesetzgeber%20erlassen%20werden.

[4] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__2.html#:~:text=(3)%20Wird%20das%20Gesetz%2C,es%20au%C3%9Fer%20Kraft%20getreten%20ist.

[5] „Die Grenzen des Rechtsstaats“ https://www.spiegel.de/geschichte/mauerschuetzen-prozesse-brachten-den-rechtsstaat-an-seine-grenzen-a-1000949.html

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